6.4.1.1 Moritz von Anckelmann († 26.12.1722)
Wolfgang Albrecht hatte jedenfalls einen Sohn Moritz. Sein Geburtsdatum kennen wir jedoch nicht. Erstaunlicherweise enthält die konsultierte ältere Sekundärliteratur stets nur den Hinweis, dass das Geschlecht im Mannesstamm in Sachsen mit Moritz von Anckelmann, Herrn auf Podelwitz und Collmen, ausstarb, der bei seinem Tode am 26.12.1722 "nur" drei Töchter hinterließ.
1662 wird "Moritz Anckelmann" als Beiträger zur Leichenpredigt von Maria Barbara Müller, verh. mit Johann Ernst Anckelmann in Zeitz genannt . Es handelt sich also um die Frau seines Onkels, des jüngeren Bruder seines Vaters. Wenn es der 1722 gestorbene Moritz von Anckelmann ist, müsste er noch sehr jung für diese Aufgabe gewesen sein.
1682, also 20 Jahre später, finden wir einen "Mauritius Anckelmann" als Beiträger zu der Erfurter medizinischen Dissertation von Heinrich Christoph Alberti. Wiederum käme nach Name und Zeit unser vorliegend behandelter Moritz in Betracht.
1693 schließlich haben wir sichere Kunde von Moritz. In diesem Jahr kauft er das Wasserschloss und Rittergut Podelwitz von Ulrich Maximilian von Rechenberg. Podelwitz liegt ca. 40 km südöstlich von Leipzig auf der linken Seite des Flusses Freiberger Mulde ca. drei Kilometer östlich des Zusammenflusses mit der Zwickauer Mulde bei Sermuth im sog. "Muldenwinkel" und gehörte zum ehemaligen Amt Colditz. Eingepfarrt ist es zum benachbarten Collmen. Unmittelbar hinter der dortigen Kirche liegt das Rittergut, das durch eine lange gemeinsame Gutsgrenze mit Podelwitz verbunden war und das Moritz gleichfalls erwarb. Erst durch diese Verbindung wurden die Grundlagen für eine rationelle Bewirtschaftung geschaffen, da Podelwitz allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen immer unrentabel gewesen ist. Das war wohl auch der Grund für den häufigen Besitzerwechsel: Zwischen der urkundlichen Ersterwähnung um 1500 und 1945 wurde es insgesamt 23mal verkauft. Von Rechenberg hatte seinerseits das Schloss Podelwitz erst zwei Jahre zuvor, 1691, von dem Dichter Heinrich Anselm von Ziegler und Klipphausen gekauft, aufwendig umgebaut und beispielsweise sein Wappen über dem von der West- auf die Ostseite verlegten Haupteingang anbringen lassen, wo es heute noch zu sehen ist. In den drei Repräsentationsräumen im Erdgeschoss ließ Rechenberg die Kreuzgewölbe entfernen und durch ein mächtiges Balkenwerk ersetzen, eine Wand herausnehmen und die Decken durch italienische Künstler mit barockem Stuck ausgestalten. Offensichtlich hat er sich dabei finanziell übernommen, so dass er gezwungen war, das Schloss nur zwei Jahre später an Moritz von Anckelmann zu verkaufen. Dieser bewohnte es dreißig Jahre lang bis zu seinem Tode. Seine Erben verkauften das Gut 1723 an die verwitwete Stiftsrätin Magdalene Elisabeth von Kötteritz, geb. von Meuselbach.
Verheiratet war Moritz mit Maria Magdalena von Hünefeld a.d.H. Altenberga. Damit war den sächsischen Anckelmann nach der Erhebung in den Adelsstand in der zweiten Generation nunmehr auch eine Einheirat in adelige Geschlechter gelungen. Aus der Ehe gingen - wie bereits erwähnt - drei Töchter hervor, die ihrerseits alle in alteingesessene, namhafte sächsische Adelsfamilien heirateten.
1. Catharina Elisabeth von Anckelmann wurde am 21.10.1688 oder 1690 geboren und starb 1746 in Oelsnitz oder Großenhain. 1708 heiratete sie Innocenz Gottlieb von Einsiedel auf Großzössen mit dem sie mindestens fünf bekannte Kinder hatte; als Witwe lebte sie in Auligk, zwischen Leipzig und Zeitz, ca. 8 km nordöstlich der letztgenannten Stadt rechts des Flusses Weiße Elster.
2. Von der Tochter Charlotte Sophie von Anckelmann wissen wir nur, dass sie einen Herrn von Carlowitz heiratete.
3. Die dritte Tochter (ohne dass wir die Abfolge der Geburten kennen ) ist Johanna Louise von Anckelmann. Sie hat in die Familie von Wolffersdorff eingeheiratet , ein altes sächsisches Adelsgeschlecht, dem viele Offiziere und Beamte entstammen und dass sich bis ins Jahr 933 verfolgen lässt. Am 02.10.1718 fand die Hochzeit mit Hans Christoph von Wolffersdorff in Collmen statt, also im Hause der Anckelmann. Der Bräutigam war um 1689 in Quedlinburg geboren. 1700 wurde er in Leipzig immatrikuliert, wo er 1708 das Studium begann. 1715-1717 nahm er als Kornett im Kürassierregiment Königlicher Prinz am Krieg in Polen teil, 1718, im Jahr seiner Heirat, wurde er Kapitän im Dragonerregiment von Birkholz. Zugleich war Sachsen-Weißenfelsischer Kammerjunker. Die Eheleute wohnten zunächst auf Gut Podelwitz, wo noch die älteste Tochter 1721 geboren wurde, zogen aber bald auf das eigene Rittergut Ossa, südlich von Geithain. Hans Christoph von Wolffersdorff avancierte 1730 zum Major, 1731 zum Oberstleutnant und wird 1733 als Kammerherr erwähnt. Am 09.03.1743 starb er mit ca. 54 Jahren auf Rittergut Ossa. Johanna Louise lebte als Witwe noch weitere 12 Jahre bis zum Tod ihres einzigen Sohnes 1755 auf Ossa. Alexander Heinrich August von Einsiedel zu Syra war in dieser Zeit ihr Geschlechtsvormund (Curator sexus) . Dann zog sie zurück in die Region ihrer Jugendjahre, nach Colditz, möglicherweise zu ihrer jüngsten Tochter Wilhelmine Charlotte (zu ihr s.u.), wo ihr der Kreiskommissar Carl August Sahrer von Sahr auf Kötteritzsch als Generalvormund bestätigt wurde. Sie starb am 21.01.1768 in Weißenfels , wo sie vermutlich wiederum bei ihrer jüngsten Tochter gelebt hat.
Das Paar hatte fünf Kinder :
a) Johanne Henriette, * Colditz 15.11.1721, verh. Ossa 29.09.1746 mit dem königlich preußischen Leutnant Wilhelm Christian von Brandenstein, † Polditz oder Colditz 28.03.1761.
b) Hans August, * Ossa 30.11.1726, Schüler in Schulpforta vom 14.06.1740 bis 07.08.1743, † unverheiratet Ossa 07.04.1755 mit 29 Jahren.
c) Karolina Augusta, * Ossa 15.08.1729, verh. ebd. 02.05.1751 mit dem königlich polnischen und kurfürstlich sächsischen Major (im Regiment Prinz Xavier) Caspar Gottlieb von Nostitz , † Leipzig 20.12.1795 als Mutter von zwölf Kindern.
d) Friederica Louisa, * Ossa 28.06.1731, † ebd. 19.11.1731.
e) Wilhelmine Charlotte, * Ossa 30.11.1733, verh. ebd. 16.08.1750 mit dem königlich polnischen und kurfürstlich sächsischen Kapitän (im Regiment von Stolberg) Carl Gotthelf von Nostitz, Bruder des soeben genannten Caspar Gottlieb von Nostitz. Carl Gotthelf (* Döbschütz 07.05.1716), starb mit nur 42 Jahren als Major im Infanterie-Regiment Fürst Luburmirski am 28.12.1758 in Colditz. Etwas mehr als drei Jahre nach dem frühen Tod ihres ersten Mannes heiratete Wilhelmine Charlotte von Wolffersdorff, verw. von Nostitz, in Colditz am 19.02.1762 in zweiter Ehe den kursächsischen Kreishauptmann Adam Friedrich Senfft von Pilsach auf Zscheiplitz und Oberschmon (* Löbnitz 15.05.1723, † Schmon 03.06.1783). Wilhelmine Charlotte lebte 1787 mit ihrer Schwester Carolina Augusta in Leipzig, starb aber in Dresden am 30.09.1809.
Die Deszendenz aus dieser letztgenannten Ehe reicht bis zu Prinz Willem Alexander der Niederlande, so dass mit diesem über Joachim [III.] Ahnengemeinschaft besteht :
Joachim (von) Anckelmann [III.] (1592-1641) oo I. Catharina Lebzelter
Wolfgang Albrecht von Anckelmann oo Justine Elisabeth Timaeus
Moritz von Anckelmann auf Podelwitz oo Maria Magdalena von Hünefeld
Johanna Louise von Anckelmann († 21.01.1768) oo Hans Christoph von Wolffersdorf († 09.03.1743)
Wilhelmine Charlotte von Wolffersdorf (1733-1809) oo II. Adolf Friedrich Senfft von Pilsach (1723-1783), Kreishauptmann des Kurkreises und Oberaufseher der Saaleflöße
Erdmuthe Wilhelmine Louise Freiin Senfft von Pilsach a.d.H. Schmon
(* Weißenfels 18.01.1766, † Dresden 14.09.1816)
oo I. 1782 Friedrich Adolf von Burgsdorff (1743-1799) auf Zscherpitz, Münchenrode, sächsischer Kanzler
oo II. 1809 Johann Wilhelm Siegmund von Zeschau (1745-1815), Konferenzminister
Amalie Auguste Agnes von Burgsdorff (1786-1852)
oo I. 1812 Johann Wilhelm Frh. von Gutschmid (1761-1830), Minister
oo II. 1836 Dr. h.c. Eduard von Wietersheim (1787-1865), Kreishauptmann, dann Minister des Kultus und öffentlichen Unterrichts
Felix Theodor August Frh. von Gutschmid (1815-1856) auf Tamm in Schlesien oo Cäcilie Gräfin von Bassewitz (1819-1874)
Agnes Freiin von Gutschmid (1842-1924) oo Leopold Adam Otto von Vieregge (1832-1893), Kammerherr
Elise Hedwig Alexandrine von Vieregge (1866-1951) oo Wilhelm Karl Friedrich August von Amsberg (1856-1929), Oberforstmeister
Claus Felix Friedrich Leopold von Amsberg (1890-1953), Landwirt oo Gosta Freiin v.d. Bussche-Haddenhausen (1902-1996)
Claus-Georg Wilhelm Otto Friedrich Gerd von Amsberg, Legationsrat a.D., Prinz der Niederlande (* 06.09.1926) oo Amsterdam 10.03.1966 Beatrix Wilhelmina Armgard van Oranje-Nassau, Königin der Niederlande (* 31.01.1938)
Willem Alexander, Prinz der Niederlande (* 04.1967) oo Amsterdam 02.02.2002 Maxima.
[Vom Abdruck der Zwischenkapitel wurde abgesehen].
8. Die letzten Anckelmann in Hamburg
8.1 Georg Friedrich Anckelmann (1790-1853) [X e]
Außer zwei unverheiratet gebliebenen Töchtern hat das Ehepaar Georg und Margaretha Elisabeth einen Sohn Georg Friedrich, * 11.06.1790, der der letzte Kaufmann der Familie wurde. Seine Firma Anckelmann & Hamfeldt hatte u.a. Geschäftskontakte mit dem finnischen Handelshaus Gustaf Otto Wasenius (1789-1852) im Getreidehandel. In einem in schwedischer Sprache verfassten Brief vom 23.05.1823 bat Wasenius seine Hamburger Geschäftspartner um Hinweise auf Verleger und Buchhändler in Leipzig und Paris und kündigte ein Wiedersehen anläßlich seiner für den Sommer 1824 geplanten Reise nach Deutschland an. Anckelmann & Hamfeldt konnten die gewünschten Auskünfte (u.a. auf den Verleger Brockhaus, von dem Wasenius später das Conversationslexicon beziehen wird) geben, im Folgejahr erhielt Wasenius die ersten Büchersendungen aus beiden Städten. Damit war die Routineangelegenheit erledigt, weitere Korrespondenz hinsichtlich des Einkaufs von Büchern scheint nicht stattgefunden zu haben. Der ehemalige Getreidehändler und Zigarettenhersteller Wasenius wurde später mit importierten Büchern insbesondere aus Deutschland und Frankreich der Begründer des finnischen Buchmarktes. Indem er die Literatur dieser Länder in Finnland leicht verfügbar machte, gab er zugleich wichtige Impulse für die Entstehung der modernen finnischen Literatur.
Georg Friedrich Anckelmann war bereits zwei Jahre vor dieser Episode, am 13.09.1821, zum Adjuncten an St. Katharinen gewählt und rückte am 29.04.1823 zum Hundertachtziger auf. Am 06.02.1824 wurde sein einziges Kind Georg [XI a] von Marie Caroline, Tochter von Jakob Pini, geboren. Georg Friedrich trat 1832 in das Niedergericht, wurde 1842 Steuerbürger im dritten Distrikt, 1844 Jurat, am 07.05.1847 Sechziger und 1849 Gotteskastenverwalter, d.h. Verwalter der Armengelder, im Kirchspiel St. Katharinen. Im März 1853 starb der einzige Sohn Georg kurz nach seinem 29. Geburtstag. Der Vater Georg Friedrich folgte ihm wenige Monate später am 07.08.1853.
[Vom Abdruck des Schlusskapitels und der Quellennachweise wurde vorliegend abgesehen.]
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